Haftung & Sicherheit
Mit dieser Frage sollte man sich nicht erst beschäftigen, wenn etwas passiert ist. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens wird dieses Thema früher oder später sowieso auf die Tagesordnung kommen. Grundsätzlich besteht für Grundstückseigentümer in Wald und Flur eine so genannte Sicherungspflicht, d.h. der Eigentümer hat dafür Sorge zu tragen, dass öffentlich zugängliche Einrichtungen gefahrlos genutzt werden können. Im Falle einer Pacht geht diese Sicherungspflicht auf den Pächter über. Dies wäre dann – bei einer gepachteten Strecke – beispielsweise der Streckenbetreiber.
Im Wald und freier Natur beschränkt sich diese Sicherungspflicht auf die Beseitigung so genannter atypischer Gefahren, welche von einem umsichtigen Nutzer nicht rechtzeitig erkannt werden können (z.B. ein nicht markierter Weidedraht). Umgekehrt muss man mit typischen Gefahren, z.B. heruntergefallene Äste nach einem Sturm, jederzeit rechnen.
Dem gegenüber besteht aber eine erweiterte Verkehrssicherungspflicht für Erholungseinrichtungen, weil der Besucher durch die Einrichtung eine höhere Sicherheitserwartung haben kann. Für Konstruktionen und Bauwerke besteht die Verpflichtung, dass diese fachgerecht ausgeführt und gewartet werden müssen.
Der Umfang der Verkehrssicherungs- und Kontrollpflicht bestimmt sich nach der Einstufung der Strecke. Für Wege, auch wenn diese mit MTB-Wegweisern versehen sind, ergibt sich keine erweiterte Verkehrssicherungspflicht. Bei einer Einstufung als Erholungseinrichtung sind hingegen erweiterte Pflichten zu beachten. Diese Leitfäden führen die Unterschiede aus, wann eine MTB-Strecke oder -Anlage als Erholungseinrichtung zu sehen ist.
FLL-Tagungsband Verkehrssicherungspflicht bei Mountainbike-Strecken (kostenpflichtig)
AID Verkehrssicherungspflicht für den Waldbesitzer (Punkt 2.3 und Punkt 2.5)
Forst BW Leitfaden Verkehrssicherungspflicht (Punkt 2.4 und Punkt 2.5)
Infosammlung Natursport (Punkt 4.4.2 und Punkt 4.4.3)
Beschilderung & Streckendesign
Je größer die Verletzungsgefahr und je weniger diese Gefahr für den Laien erkennbar ist, umso deutlicher und verständlicher muss der Hinweis sein. So sollte ein Drop von einem Northshore-Element deutlich mit einem Gefahrenschild zur Unterscheidung gekennzeichnet sein und immer auch ein ausgewiesener „Chickenway“ an dem gefährlichen Abschnitt vorbeiführen, so dass niemand gezwungen ist, den gefährlichen Teil zu befahren. Bei der Beschilderung gilt es, wirklich an den ungeübten Fahrer der Strecke zu denken, der anhand der Beschilderung erkennen muss, was da auf ihn zukommt. Wenn eine Strecke Varianten mit verschieden schwierigen Linien enthält, so sollte die Hauptlinie die einfachste sein. Blue Line = Main Line. Durch das Platzieren der schwierigeren Elemente an der Seite der Hauptlinie, muss der Fahrer aktiv auf diese einlenken, wenn er sie fahren möchte. Damit wird die Verantwortung sich ein schwieriges Element zuzutrauen auf den Fahrer verlagert.
Zusätzlich zur Beschilderung empfiehlt es sich bei anspruchsvollen Strecken am Anfang eine Schwierigkeit einzubauen, die für den weiteren Streckenverlauf charakteristisch ist. So wird schon zum Beginn der Strecke gezeigt, welches fahrerische Können erwartet wird und ungeübte Fahrer, oder auch Radfahrer mit gewöhnlichen Fahrrädern, werden von der Nutzung abgehalten.
An besonders gefährlichen Stellen des Streckenverlaufs kann es sogar erforderlich sein, eine Nutzung nur im Beisein eines Betreiber-Vertreters (Verein, Übungsleiter o.ä.) zu ermöglichen. Dies sind diejenigen Stellen, auf denen sich der befahrende Laie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schwere Verletzungen zuziehen wird (z.B. hohe Northshore-Drops).
Beschilderungen müssen insbesondere an folgenden Stellen gut sichtbar angebracht werden:
➧ Streckeneinstieg – Gefahrenhinweis / allgemeine Nutzungsbestimmungen (siehe Muster Anlage „Nutzungsbestimmungen“)
➧ vor Gefahrenstellen
➧ Wegekreuzungen (von oben für Biker mit Bremsschikanen / von unten Gefahrenhinweis für kreuzenden Kfz-Verkehr und Fußgänger, die in die Abfahrtsstrecke laufen könnten)
➧ Strecken-Ende (Gefahrenhinweis für Fußgänger, damit diese nicht in den Weg einsteigen)
Genaue Grenzen, wo welche Sicherungspflicht anfängt und aufhört, gibt es auch bei bester Beschilderung nicht. Hier wird immer im Einzelfall zu prüfen sein, ob der Sicherungspflichtige nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat und der Geschädigte alles ihm Zumutbare getan hat, um nicht leichtsinnig in die jeweilige Gefahr hineinzugeraten. Je besser die Beschilderung, desto geringer ist die Gefahr, im Schadensfall haftbar gemacht zu werden.
Eine gute Orientierung über die Einstufung der technischen Wegeschwierigkeit bietet das International Trail Rating System. Dort werden umfangreiche Dokumentationen zur Bewertung und kostenfreie Vorlagen für die Beschilderung zum Download bereit gestellt.
Streckenabnahme
In einigen uns bekannten Fällen wurde die technische Abnahme und Prüfung der Strecke gefordert. Die derzeit gültigen Regelungen und Inspektionsintervalle sind die FLL Empfehlungen für Planung, Bau und Instandhaltung von Skate- und Bikeanlagen.
Diese enthalten aber kaum Ausführungen zum Bau von Strecken in der Natur, sondern beziehen sich in erster Linie auf die Sicherheit von gebauten Elementen. Als Prüfer wurden sowohl TÜV-Sachverständige, Bikeparkbau-Firmen, als auch solche Kommissäre der Radsportverbände eingesetzt, die für die Abnahme von DH-Rennstrecken verantwortlich zeichnen.
Streckenkontrolle
Neben der Beschilderung ist auch der Aspekt Streckenkontrolle wichtig. Die Betreiber der Strecke werden sicherlich nicht mehrmals täglich die Strecke und vor allem die Bauwerke auf ihren Zustand überprüfen können. Aber eine mindestens wöchentliche Inspektion, oder nach Unwettern auch früher, sollte durchgeführt werden. Einmal jährlich sollte eine Hauptinspektion erfolgen. Das Ergebnis der Streckeninspektion sollte in einem Inspektionstagebuch festgehalten werden. Neue Gefahrenstellen sind zu sichern, kenntlich zu machen oder gar vor Benutzung deutlich zu sperren und eine Reparatur des Schadens zu veranlassen.
Witterungsbedingte Nutzungseinschränkungen
Auch sollte geprüft werden, ob die Nutzung der gesamten Strecke oder Teile davon unter bestimmten Witterungsbedingungen und Schlechtwetter-Jahreszeiten zu untersagen ist.
Notfallmanagement
Trotz sorgfältigster Beschilderung und evtl. sogar Betreuung während der Abfahrt, kann durch Fahr- oder Materialfehler jemand stürzen und sich verletzen. An dieser Stelle ist es von großem Vorteil für den Verunfallten und auch den Betreiber, wenn alle Vorkehrungen getroffen wurden, um die an diesem Ort schnellstmögliche Versorgung durch den Rettungsdienst zu gewährleisten. Es empfiehlt sich, den örtlichen Rettungsdiensten den Streckenverlauf vor Eröffnung der Strecke bekannt zu geben. Sehr hilfreich sind dabei Hinweise auf in der Nähe befindliche, so genannte Rettungspunkte, die fast flächendeckend in deutschen Wäldern ausgewiesen sind. Diese Punkte sind den Rettungsdiensten in der Regel bekannt und auf speziellen Rettungswege-Karten ist eingezeichnet, wie die Rettungs-Fahrzeuge bei jeder Witterung an diesen Punkt gelangen können. Das verschafft im Falle eines Falles wertvolle Minuten für den Verletzten. Die Rettungspunkte sind online abrufbar. Aber auch das zuständige Forstamt kennt diese Punkte und kann hier weiterhelfen.
Ggf. ist es sinnvoll mit dem Rettungsdienst gemeinsam ein Rettungswegekonzept aufzustellen. Dabei wird die Strecke in verschiedene Sektoren eingeteilt und festgelegt, wie diese Sektoren vom Rettungsdienst am schnellsten erreichbar sein. Die Sektoren werden auf der Strecke ausgeschildert, so dass verunfallte Fahrer den Sektor angeben können, in welchem sie sich befinden.
Tipp!
Im Falle eines Falles müsst Ihr entweder die Nummer des vor Ort eingewiesenen Rettungsdienstes bzw. der örtlichen Leitstelle kennen. Oder Ihr wählt einfach die europaweite Notruf-Nr. 112. Die funktioniert sogar, wenn Ihr im eigenen Netz keinen Empfang haben solltet. Einfach Handy ausschalten, wieder einschalten und statt der PIN die 112 eingeben und das Handy loggt sich in das stärkste Netz ein und verbindet mit der Leitstelle.
Versicherung
Ganz wesentlich ist auch die Versicherung der Strecke bzw. des Streckenbetreibers. Ist der Betreiber ein Verein, kann dieser die Strecke zu einem sehr günstigen Tarif versichern. Die Bestimmungen für Vereinsversicherungen können je nach Bundesland verschieden sein. Genaueres erfahrt Ihr im Versicherungsbüro Eures Landessportbundes bzw. Landessportverbandes. Eine Übersicht der Sportbünde/-verbände ist auf der Seite des Deutschen Olympischen Sportbundes zu finden. Wird das Gelände weiterhin von der Stadt betrieben und lediglich zur Nutzung freigestellt, muss diese für eine entsprechende Versicherung sorgen. Dazu nimmt die Stadt das Risiko kostengünstig in die meist bereits bestehende erweiterte kommunale Haftpflichtversicherung auf, analog wie bei Spielplätzen und Freizeiteinrichtungen.
Weiterführende Dokumente